Eine kurze Wackersdorfer Geschichte
Heute genießen Badegäste und Wassersportler das Seenland um Wackersdorf. Bis vor einigen Jahrzehnten waren genau dort tonnenschwere Braunkohlebagger am Werk. Selbst die Ortschaft Wackersdorf musste den Braunkohletagebauen weichen: Wo das Dorf Wackersdorf bis nach dem Zweiten Weltkrieg stand, hat sich mittlerweile die Natur das Land zurückerobert. Das Wackersdorf von heute beheimatet als Spitzenstandort Konzerne wie BMW oder Sennebogen – an genau dem Ort, wo sich Polizisten und Demonstranten in den 1980er Jahren zum Teil heftige Auseinandersetzungen lieferten. Denn die in Wackersdorf geplante atomare Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) hat die Menschen weit über die Ortsgrenzen hinaus gespalten ...
Aber von vorne: Für das Gebiet der heutigen Gemeinde Wackersdorf sind durch archäologische Funde vorgeschichtliche Siedlungen belegt. Die erste urkundliche Erwähnung Wackersdorfs geht auf das Jahr 1150 zurück. Die nächsten Jahrhunderte war Wackersdorf ein einfaches Dorf, das von Landwirtschaft und Subsistenz geprägt war. Die große Wende brachte die Braunkohle.
Der Bergbau
Das Wackersdorf von heute und dessen Entwicklung sind untrennbar mit der Bayerischen Braunkohlen Industrie (BBI) verbunden. Nach ersten Braunkohlefunden im 19. Jahrhundert ist die BBI für den intensiven Abbau der Kohle im 20. Jahrhundert verantwortlich. Durch den Abbau der Kohle wurde Wackersdorf in den 1970er Jahren zu einer der reichsten Gemeinden Bayerns: 185 Millionen Tonnen Braunkohle wurden über die Jahre in und um Wackersdorf gefördert – die letzte Tonne im September 1982. Der Tagebau förderte viele Belege aus der Ur- und Frühzeit ans Tageslicht, die heute als Exponate im Heimat- und Industriemuseum Wackersdorf vorliegen.
Ort und Gesellschaft im Wandel der Zeit
Die Bayerischen Braunkohlen Industrie (BBI) war für Wackersdorf weit mehr als nur Wirtschaftsmotor und Arbeitgeber. Sie war sowohl Grundlage, als auch Dreh- und Angelpunkt für viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens im Ort: Knappenverein, Schwesternschaft oder der fast vollständige Neubau des Ortes im Zuge der Umsiedlung. Das komplette Dorf wurde abgerissen und an anderer Stelle neu errichtet, um an weitere Kohlevorkommen zu gelangen. Das heutige Ortsbild, zahlreiche Traditionen und Wackersdorfer "Spezialfälle" gehen auf die Zeit der BBI zurück.
Von der WAA zum Spitzenstandort
Im Osten Wackersdorfs liegt heute der "Innovationspark". Das Gewerbe- und Industriegebiet beheimatet internationale Industriekonzerne wie BMW, Sennebogen oder Gerresheimer. In den 1980er Jahren hätte diesen Ausgang kaum einer vermutet … Auf der einen Seite Wasserwerfer und Hundertschaften der Polizei, Hubschrauber des Bundesgrenzschutz – auf der anderen Seite Demonstranten, Autonome. Es fliegen Steine und Stahlkugeln, Reizgas und Gummigeschosse kommen zum Einsatz: Die "Pfingstschlacht" von Wackersdorf 1986. Nach dem Ende des Braunkohleabbaus soll in Wackersdorf eine Wiederaufarbeitungsanlage (WAA) für abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken ganz Deutschlands entstehen. Hunderttausende Menschen demonstrieren immer wieder, die Proteste eskalieren immer häufiger. 1989 folgt der Baustopp – die Anlage wird nie fertiggestellt. Stattdessen entsteht der heutige Wirtschaftsmotor Wackersdorfs.
Historischer Hunger geweckt? Ab ins Museum!
Kaum ein anderer Ort in Deutschland hat – insbesondere im vergangenen Jahrhundert – so viel Geschichte erlebt. Geschichte, von der heute fast nichts mehr sichtbar wäre. Das Heimat- und Industriemuseum Wackersdorf erzählt die Geschichte von Ort, Gesellschaft und Industrie des Orts im Wandel der Zeit und beleuchtet unterschiedliche Aspekte der Vergangenheit.
Zur politischen Geschichte der heutigen Gemeinde Wackersdorf
Die politische Gemeinde Wackersdorf existiert seit 1808. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gab es am 27. Januar 1946 nach 13 Jahren erstmals wieder demokratische Wahlen in Wackersdorf. Als Erster Bürgermeister wurde der Bergarbeiter Ludwig Simbeck gewählt.
Chronologie der hauptamtlichen Bürgermeister seit Ende des Zweiten Weltkriegs
- Ludwig Simbeck (SPD): 27.01.1946 bis 13.01.1967
- Josef Ebner (erst SPD, später UW): 01.06.1967 bis 31.05.1993
- Alfred Jäger (FW): 07.06.1993 bis 06.06.2011
- Thomas Falter (CSU): seit 07.06.2011
Eingemeindungen:
In den 1960er und 1970er Jahren veränderte sich auch das Gebiet der Gemeinde Wackersdorf:
- 1961 Auflösung der bis dato eigenständigen Gemeinde Oder. Dadurch wurde Heselbach in Wackersdorf eingemeindet.
- 1972 Gebietsreform in Bayern: Auflösung der bis dato eigenständigen Gemeinde Alberndorf. Alberndorf, Irlach und Imstetten wurden als Folge in Wackersdorf eingemeindet
- 1978 Gebietsreform in Bayern: Auflösungen der bis dato eigenständigen Gemeinden Sonnenried und Altenschwand. Im Zuge dessen wurden Rauberweiherhaus, Meldau und Mappenberg in Wackersdorf eingemeindet.
Verwaltungsgemeinschaft mit der Gemeinde Steinberg am See
Die Gemeinden Wackersdorf und Steinberg am See bilden seit dem 01.05.1978 eine sogenannte Verwaltungsgemeinschaft (kurz VG). Beide Gemeinden sind eigenständig – sie teilen sich lediglich eine Verwaltung bzw. ein Rathaus.












